"Du wirst nach Amerika gehen"

„Du wirst nach Amerika gehen“
Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge: Vortrag von Renate Hebauf zur Flucht und Rettung jüdischer Kinder

Etwa 1400 unbegleitete jüdische Kinder und Jugendliche, mehrheitlich aus Deutschland und Österreich, gelangten zwischen 1934 und 1945 über amerikanische Hilfsorganisationen in die USA. Dort sollten sie wieder ohne Angst und Diskriminierung zur Schule gehen und sich frei entwickeln können. In ihrem Buch „Du wirst nach Amerika gehen“ erzählt Renate Hebauf die bislang ungeschriebene Geschichte von Kindern aus Frankfurt, die getrennt von ihren Eltern in die USA gerettet wurden. Am Beispiel der Biografien, so auch der von Erich Rosenfeld aus Seeheim, wird sie in ihrem Vortrag beim Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge individuelle Schicksale vorstellen und auch über die Schwierigkeiten der Hilfsorganisationen berichten. Die Veranstaltung beginnt am 25. Juni (Dienstag) um 19 Uhr im Saal des Alten Amtsgerichts, Obertor 1.

Zu den ersten, die 1934 aus NS-Deutschland in die USA gerettet wurden, gehörte die 14-jährige Lotte Goldschmidt aus Frankfurt. Sie nahm im November 1934 Abschied von ihren Eltern und schiffte sich als Teil einer kleinen Gruppe von 14 Kindern und Betreuerinnen in Hamburg nach New York ein. Als der 16-jährige Erich Rosenfeld aus Seeheim im August 1941 zu seinem Bruder nach New York ausreisen konnte, gehörte er zu den letzten Kindern und Jugendlichen, die kurz vor dem Emigrationsverbot Deutschland verließen. Dieser letzte Ausweg führte ab Berlin in einem versiegelten Waggon bis zur spanischen Grenze und weiter über den Hafen von Lissabon. Eric Rosenfeld erinnerte sich, dass der Zug eine Haltestation am Frankfurter Hauptbahnhof hatte: „Zu meiner Überraschung stand dort meine Mutter auf dem Bahnsteig“, berichtete er. „Sie war extra aus Seeheim gekommen, um sich noch einmal von mir zu verabschieden. Das war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe.“ Wie für Erich Rosenfeld gab es auch für die meisten der in die USA geretteten Kinder kein Wiedersehen mit ihren Eltern, die Opfer des Holocaust wurden. Denn ab 19. Oktober 1941 rollten auch aus Frankfurt die Deportationszüge nach Osten in die Konzentrationslager.

Renate Hebauf war bereits 2022 zu einem Vortrag in Zwingenberg; damals berichtet sie über „Ghettohäuser“ in Frankfurt. In ihrem Buch „Gaußstraße 14. Ein ‚Ghettohaus‘ in Frankfurt am Main“ hat sie erstmals Einblicke in die Verfolgungsgeschichte und den bedrohten Alltag der jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner in Frankfurter Mehrfamilienhäusern gegeben, die während der NS-Zeit zur Konzentration jüdischer Menschen vor ihrer Deportation missbraucht wurden. Die Autorin und Journalistin forscht seit mehr als 20 Jahren zum Thema Nationalsozialismus und Judenverfolgung in ihrer Geburtsstadt Frankfurt am Main, speziell zu den Biografien jüdischer Familien.
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Bildvortrag "Verfolgt - ermordet - gerettet"