Zwingenberger Erklärung

Artikel des Bergsträßer Anzeiger vom 12. Oktober 2006

Rechtsextreme sind nicht erwünscht
Stadtparlament beschließt Erklärung / Rechte Aktionen sollen in der Stadt nicht geduldet werden

Von unserem Redaktionsmitglied Michael Ränker

Zwingenberg. In Zwingenberg und Rodau sind Rechtsextreme unerwünscht. Die Stadtverordnetenversammlung hat in ihrer jüngsten Sitzung einstimmig eine so genannte "Zwingenberger Erklärung gegen rechtsextreme Aktionen" beschlossen.

Einen aktuellen Anlass hat es zwar in diesen Tagen nicht gegeben, aber vor geraumer Zeit hatte die Stadt einen Informationsstand genehmigt, mit dem auf dem Löwenplatz für rechte Ansichten geworben wurde. Seinerzeit hatten sich Kommunalverwaltung und Behörden - Polizei und Staatsschutz - dem Vernehmen nach darauf verständigt, kein großes Aufhebens daraus zu machen, um dem Auftritt der Rechten nicht noch mehr öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen.

Und die Taktik ging auf: Der Informationsstand der Rechten im Ortsmittelpunkt wurde von der Polizei unauffällig überwacht; den beiden Akteuren an ihrem Tapeziertisch auf dem Löwenplatz wurde von der Öffentlichkeit jedoch keine besondere Bedeutung beigemessen.

Aus dem Rathaus wurde auf Nachfrage, warum man den Informationsstand nicht von vornherein verboten habe, argumentiert, man habe nicht über geeignete Rechtsmittel dagegen verfügt. Eine rechte Partei, die auch zu demokratischen Wahlen zugelassen ist, hatte einen Informationsstand beantragt - diesem Ansinnen habe man nachgeben müssen. Allerdings in einem zeitlich und örtlich sehr eng begrenzten Rahmen.

Mit der "Zwingenberger Erklärung gegen rechtsextreme Aktionen" wollen die Politiker aller im Parlament vertretenen Fraktionen jedoch klarstellen: Künftig werden solche und ähnliche Auftritte rechtsextremer Personen im Stadtgebiet nicht mehr geduldet. Im Sozial-, Kultur- und Sportausschuss (SKS) der Stadtverordnetenversammlung allerdings tauchte die Frage auf, wie die besagte Erklärung öffentlich gemacht werden könne.

Neben der heutigen Veröffentlichung in dieser Zeitung entwickelte SKS-Vorsitzende Maria Müller-Spieß (GUD) die Idee, die seit vielen Jahren von der SPD initiierte und organisierte Veranstaltung aus Anlass der so genannten "Reichspogromnacht" zu nutzen, um die Inhalte der "Zwingenberger Erklärung gegen rechtsextreme Aktionen" zu thematisieren.

Parteien, Vereine, Kirchen. . .

Karin Rettig (FDP) regte an, die Erklärung im vollen Wortlaut auch auf der Internetpräsenz der Stadt zu veröffentlichen. Offen blieb, ob die Idee der GUD-Stadtverordneten Susanne Buick umgesetzt werden kann: Sie hatte vorgeschlagen, an den Ortseingängen entsprechende Schilder zu installieren, mit denen Zwingenberg und Rodau sozusagen als "rechtsextremfreie Zonen" ausgewiesen werden. Analog zur Beschilderung, die Stadt und Stadtteil seit vielen Jahren als "Abc-waffenfreie Zone" ausweisen.

Eben diese Hinweise will der Magistrat jedoch nach Angaben von Bürgermeister Dieter Kullak demontieren lassen, um den "Schilderwald" an den Ortseingängen zu lichten. Darüber dürfte das letzte Wort jedoch noch nicht gesprochen sein, denn dieser Beschilderung liegt ein Stadtverordnetenbeschluss zugrunde. Kullak ließ allerdings auch keinen Zweifel daran, "dass solch eine Erklärung (gegen Rechts, Anm.d.Red.) besonders notwendig ist".

. . . sollen sich bald anschließen

Die Anregung der CDU-Stadtverordneten Susanne Reimund, in den Text auch den Widerstand der Zwingenberger und Rodauer Bevölkerung gegen Linksextremismus aufzunehmen, wurde nicht aufgegriffen. Dr. Fritz Kilthau, Vorsitzender des Arbeitskreises Zwingenberger Synagoge und Texter der Erklärung, dazu: "Es ging mir mit der Erklärung um einen Widerstand gegen das erneute Auftreten rechtsextremer Gruppierungen in Zwingenberg. Eine Erweiterung der Erklärung auf andere menschen- und demokratiefeindliche Gruppen würde meines Erachtens dieses konkret auf Zwingenberg bezogene Anliegen verwässern."

Neben dem Magistrat und der Stadtverordnetenversammlung sollen sich so bald als möglich auch die Parteien, Vereine und Kirchen der "Zwingenberger Erklärung gegen rechtsextreme Aktionen" anschließen.

Bergsträßer Anzeiger
12. Oktober 2006

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