Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2026
Aus Anlass des Holocaust-Gedenktags laden die beiden Zwingenberger Kirchengemeinden und der Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge e.V. am 27. Januar (Dienstag) zu einem Vortrag des Kulturwissenschaftlers Dr. Christoph Schneider ein. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr im Katholischen Pfarrgemeindehaus, Heidelberger Straße 18.
Der Vortrag zeichnet die Entwicklung der Eugenik vom Beginn des 20. Jahrhunderts über den Nationalsozialismus bis in die heutige Zeit nach. Der Frankfurter Wissenschaftler forscht und publiziert seit vielen Jahren zu diesem Themenkomplex. Er war bereits 2024 in Zwingenberg zu Gast, als er sein Buch „Hadamar von innen“ vorstellte, das die Geschichte der NS-„Euthanasie“ anhand von Zeugnissen Überlebender und Angehöriger erzählt.
In seinem Vortrag am 27. Januar geht Christoph Schneider von der Frage aus, warum das Konzept der Eugenik zu Beginn des 20. Jahrhunderts so überaus populär werden konnte. Die Anhänger der Eugenik behaupteten, es ginge ihnen um die Qualität des Erbguts. Sie interessierten sich angesichts der Krisen ihrer Zeit nicht für das Unglück der Vielen. Not und Armut deuteten sie vielmehr als Symptome eines „biologischen Niedergangs“, den die Nation, das Volk, „die Rasse“ erleide. In den eugenischen Konzepten wurde gegen jene Gruppen in der Bevölkerung gehetzt, die als „Träger schädigender Erbmasse“ ausgemacht wurden. Letztlich zielte das auf Menschen, die als arm, schwach oder krank bewertet wurden. Dabei gelang es der Eugenik, ihren wissenschaftlichen Nimbus zu wahren, unabhängig davon, dass sich ein Nachweis für die Vererbung der als negativ bewerteten sozialen Eigenschaften nie finden ließ. Diese ideologische Steilvorlage wurde von den Nationalsozialisten aufgenommen: Bereits 1934 wurde das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ in Kraft gesetzt, infolgedessen Hunderttausende von Menschen zwangsweise sterilisiert wurden.
Der Vortrag rekonstruiert die Ideengeschichte der Eugenik, ihre gesellschaftlichen und politischen Grundlagen sowie ihre Verbreitung in fast allen politischen Sphären – bei den Konservativen, den Sozialisten, den Kirchen. Erörtert wird auch, inwieweit die Praxis der Zwangssterilisation die wenige Jahre später einsetzenden „Euthanasie“-Morde vorbereitete.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war das eugenische Denken samt seinem Vokabular zwar in Verruf geraten, aber nie ganz verschwunden. In aktuellen medizinethischen Debatten taucht es ebenso wieder auf wie in der Rhetorik der rechten Propaganda und in den Phantasien mancher Tech-Milliardäre.
