Synagoge in Pfungstadt

Pressemitteilung des Vereins

Auftakt für "Zwingenberger Perspektiven" in der renovierten Synagoge in Pfungstadt

Mit der Besichtigung der ehemaligen Pfungstädter Synagoge setzen die Veranstalter ihre erfolgreiche Vortragsreihe des letzten Jahres fort: Vorträge zu den Themen wie "Die Geschcihte der hessischen Synagogen", zum Leben der heutigen jüdischen Gemeinden in Deutschland und die virtuellen Rekonstruktionen der in der Reichspogromnacht von 1938 unwiederbringlich zerstörten deutschen Synagogen fanden bei der 2001 erstmals durchgeführten Veranstaltungsreihe "Zwingenberger Perspektiven" eine große Beachtung.

Die um 1820/1821 errichtete Synagoge der jüdischen Gemeinde in der Pfungstädter Hillgasse, in unmittelbarer Nähe des Stadthauses, gehört zu den klassizistischen Landsynagogen. Sie entstand aus einer alten Hofreite, der Betsaal war die ehemalige Scheune. Im Wohnhaus waren die "Schul", das Ritualbad und die Wohnung des Vorbeters untergebracht. Als der Betsaal zu klein wurde, erfolgte ein Anbau mit der Freitreppe zur Frauenempore.

Die Pfungstädter jüdische Gemeinde gehörte im 19. Jahrhundert mit zu den größten Landgemeinden Südhessens. Sie war die größte Gemeinde des Alsbacher Friedhofsverbandes. 1829 zählte die jüdischen Gemeinde Pfungstadts 122 Mitglieder, 1867 waren es 225 Mitglieder. Durch Wegzug in die Großstädte und auch durch Auswanderung nahm ihre Zahl in den Folgejahren stetig ab: Waren es 1900 noch 174 Mitglieder, ging die Zahl der jüdischen Bevölkerung Pfungstadts 1925 bis auf 77 zurück. Zu den Mitgliedern der Gemeinde gehörte Chaim Weizmann, der erste Staatspräsident Israels. Am "Dr. Joel'schen Lehrinstitut" in Pfungstadt war Weizmann um 1895 als Lehrer tätig.

Die Reichspogromnacht 1938 überstanden die Gebäude äußerlich unbeschädigt, da befürchtet wurde, dass ein Brand die umliegenden Gebäude ebenfalls in Mitleidenschaft ziehen könnte. Die SA-Trupps zerstörten jedoch auch hier die Innenräume und die Kultgegenstände. Synagoge und Wohngebäude mussten danach von der jüdischen Gemeinde an einen Nachbarn verkauft werden. Als Lagerhaus einer landwirtschaftlichen Genossenschaft und später als Wohnhaus überlebte die Synagoge die Kriegsjahre und die Nachkriegszeit. Seit den 60er Jahren steht das Gebäude unter Denkmalschutz.

Mitte der 90er Jahre erwarb die Stadt Pfungstadt das Anwesen. Mit maßgeblicher finanzieller Unterstützung des Landes Hessen und der Denkmalpflege konnte in den Folgejahren eine umfassende Instandsetzung und Restaurierung des Wohnhauses und des Betsaales mit der Frauenempore durchgeführt werden. Seit dem letzen Jahr dient das Wohnhaus als städtisches Archiv, der Betsaal ist das Kulturhaus der Stadt Pfungstadt. Mit einer feierlichen Eröffnung wurde das Kulturhaus im Herbst letzten Jahres seiner Bestimmung übergeben.

Im letzten Jahr gründete sich der Verein "Arbeitskreis ehemaliger Synagoge Pfungstadt". In der vielbeachteten Ausstellung "X-odus" stellte der Arbeitskreis im Januar dieses Jahres jüdisches Leben in Darmstadt nach Kriegsende vor.

Die beiden Synagogenarbeitkreise aus Zwingenberg und Pfungstadt arbeiten gemeinsam mit im länderübergreifenden "Arbeitskreis jüdischer Gedenkstätten an der Bergstraße", zu dem sich fünf Gedenkstätteninitiativen aus Südhessen und Nordbaden zusammen gefunden haben.

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