Bildvortrag zu Theodor Loos

Artikel des Bergsträßer Anzeiger vom 11. September 2006

Im Rampenlicht der Nazi-Herrschaft
Dr. Kilthau informierte über das Leben des Schauspielers Theodor Loos / 50-seitige Broschüre

Zwingenberg. Der Krieg ist vorüber. 1946 sieht sich Theodor Loos als Opfer. Er kritisiert sein Auftrittsverbot, weil "die Mitgliedschaft im Reichskultursenat nicht als ein Partei-Amt gewertet werden kann". Der in Zwingenberg geborene Schauspieler fühlt sich und seinen Namen von den Nazis missbraucht. "Das ist mir erst im vergangenen Jahr klar geworden".

Welche Rolle der Mime im NS-Regime tatsächlich gespielt hat, kann nicht eindeutig geklärt werden. Unzweifelhaft ist, dass der Schauspieler als privilegierte und hofierte Person zu einer Stabilisierung der Macht beigetragen hat. "Er hat seine Bedeutung für die Nazis wahrscheinlich nicht erkannt und sich in deren Räderwerk einspannen lassen", so Dr. Kilthau bei einem Bildvortrag im Katholischen Pfarrzentrum.

Kilthau ist Autor einer interessanten Broschüre über das Leben eines berühmten Film- und Theaterschauspielers, dessen Wiege 1883 in Zwingenberg stand: Theodor Loos, in über 200 Filmen dabei, Bühnenstar und "Reichskultursenator", der im Nationalsozialismus seine Karriere als begünstigter "Staatsschauspieler" fortsetzen konnte. Auf der anderen Seite steht Loos als vermeintlich unpolitischer Mitläufer und seiner Kunst verpflichteter Mensch, dem von vielen Kollegen eine naive und gleichgültige Haltung attestiert wurde. Unter anderem vom späteren Bundesminister Dr. Carlo Schmid.

Ob und wenn ja, inwieweit Loos aus seiner (späten) Parteiangehörigkeit Vorteile gezogen, sich also im negativen Sinn "arrangiert" hat, konnte Kilthau trotz umfassender Recherchen nicht ermitteln. Den ersten Hinweis auf Loos' Verbindungen nach Zwingenberg erhielt Kilthau bei der Vorarbeit zu seinem Buch "Mitten unter uns": Eine Zeitungsmeldung wird zum Motiv der Detektivarbeit.

Kilthau (1. Vorsitzender des Arbeitskreises Zwingenberger Synagoge) forscht im Internet, in den Archiven des Deutschen Filminstituts und Filmmuseums, nimmt Kontakt mit den Verwandten des Schauspielers auf. Vor allem im Berliner Bundesarchiv entdeckt Kilthau informative Dokumente über Loos' Wirken im Nationalsozialismus. "Seine Rolle in der Filmwelt ist bemerkenswert. Ich wollte aber auch die Zeit kurz vor und nach 1945 beleuchten", erklärt der Autor.

Mit 14 Jahren verlässt Loos seine Geburtsstadt, um sich in Leipzig, Frankfurt und Berlin als Schauspieler einen Namen zu machen. Mit Erfolg: Loos wächst zum gefeierten Mimen, spielt für den Regisseur Fritz Lang ("Metropolis", "M") und am Deutschen Theater. Er ist im Propagandafim "Jud Süß" zu sehen und steht in engem Kontakt mit dem Geschäftsführer von Goebbels "Reichskulturkammer", Hans Hinkel. Auch Kontakte zur Familie Goebbels konnten nachgewiesen werden. Dr. Fritz Kilthau: "Ein aktiver Nazi war Loos nach Aussagen von Verwandten, Kollegen und nach Aktenlage sicherlich nicht. Er wurde erst 1936 Mitglied der NSDAP."

Etliche Fürsprecher, darunter Axel von Ambesser und Paul Verhoeven, setzen sich nach der Befreiung für die offizielle Rehabilitation von Theodor Loos ein. Seine letzte Ehefrau Gisela berichtet Kilthau 2004, dass ihr Mann dem Regime "ziemlich naiv" gegenübergestanden sei. Nach dem Krieg hat Loos Auftrittsverbot in der amerikanischen Zone; 1948 wird er in Reutlingen als "politisch in geringem Maße belastet" eingestuft, so Dr. Kilthau. Theodor Loos stirbt 1954 bei einer Gallenoperation.

Auf 50 hoch interessanten und süffig lesbaren Seiten hat der Autor ein Stück Lebens- und Zeitgeschichte verknüpft und dabei auch den regionalen Aspekt beleuchtet: Der Vortrag im Pfarrzentrum wurde mit Fotografien von Loos' Geburtshaus in der Darmstädter Straße Ecke Löwenplatz und weiteren bis dato unveröffentlichten Dokumenten garniert. Ermöglicht wurde die Veranstaltung vom AK Zwingenberger Synagoge, dem Geschichtsverein sowie den evangelischen Kirchengemeinden Zwingenberg und Alsbach und der katholischen Pfarrgemeinde, für die Pfarrer Christoph Klock die Gäste begrüßen konnte.

Die letzten Broschüren der ersten Auflage sind im Bürgerbüro der Stadt Zwingenberg sowie direkt beim AK Zwingenberger Synagoge erhältlich. tr

Bergsträßer Anzeiger
11. September 2006
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